Liebe Lehrende in DACH,
in unserem heutigen Interview möchten wir Ihnen die SAP-Zertifizierungskurse für Studierende von We Learn in Bits der Universität Duisburg-Essen vorstellen. Diese Kurse bieten Studierenden die Möglichkeit, sich frühzeitig auf die Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes vorzubereiten und durch eine SAP-Zertifizierung ihre beruflichen Perspektiven zu erweitern. Meine Gäste sind Prof. Dr. Reinhard Schütte und Dr. Mareen Wienand vom Lehrstuhl für Enterprise Systems, Platforms and Architectures der Fakultät für Informatik die uns einen detaillierten Einblick in das Konzept und die Vorteile dieses Angebots geben werden.
Mit freundlichen Grüßen
Andre Biener (Director, SAP University Alliances)
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André Biener (AB): „Herr Schütte, Frau Wienand, zunächst möchte ich Ihnen danken, dass Sie unserer akademischen Community Ihr Angebot vorstellen möchten. Bevor wir tiefer ins Thema einsteigen: Zertifizierungen sind ja mittlerweile ein echtes Plus auf dem Arbeitsmarkt. Seit wann gibt es We Learn in Bits, und was hat Ihre Einrichtung dazu bewegt, diese Kurse ins Leben zu rufen?“
Prof. Dr. Reinhard Schütte (RS): „Unser universitäres Programm gibt es seit 2019. Wir knüpfen aber an eine lange Historie von SAP in der Lehre an, denn bereits 1993 haben wir SAP R/2 und R/3 in Münster in die Lehre eingebracht. Seitdem hat sich viel verändert und die Leitung des Programms durch Frau Dr. Wienand hat das Programm noch einmal auf ein neues Niveau gehoben. Das Ziel des Programms besteht darin, eine Wirtschaftsinformatik-typische Sicht auf Unternehmen zu vermitteln. Die SAP ist seit ihrer Existenz der größte Exportschlager der deutschen Betriebswirtschaftslehre, wie es seinerzeit Kollege Scheer formuliert hat.“
Dr. Mareen Wienand (MW): „Seit der Etablierung des Programms wollen wir Studierenden die betriebswirtschaftlichen Inhalte und die Nutzung der SAP-Komponenten vermitteln und ihnen zugleich eine Profilierungsmöglichkeit am Arbeitsmarkt ermöglichen.“
AB: „Das Kursangebot von We Learn in Bits ist sehr umfangreich. Können Sie uns einen kurzen Überblick geben, welche SAP-Zertifizierungskurse Studierenden zur Verfügung stehen und welche Kurse besonders gefragt sind?“
RS: „Wir bieten ein breites Spektrum an SAP- und Nicht-SAP-Kursen an, denn als akademische Institution haben wir eine eigene Perspektive auf die „richtige“ Aus- und Weiterbildung und folgen nicht einfach einem Hersteller.“
MW: „Bei den SAP-Kursen bieten wir zunächst den für die Prozessintegrationsproblematik bedeutsamen TS410-Kurs an (zukünftig IEE2E). Des Weiteren bieten wird aus Gründen der besonderen Verbreitung in der Praxis und der auch der Umsetzung theoretischer Erkenntnisse in den Komponenten für das betriebswirtschaftliche Rechnungswesen die Kurse „Financial Accounting“ und „Management Accounting“ sowie „SAP Analytics Cloud“ an. Daneben haben wir komplett eigene Mikrozertifikatskurse entwickelt, in denen grundlegende theoretische Konzepte und die dazugehörigen praktische Umsetzung in SAP entfaltet wird, wie Beschaffung und Produktion oder Finanzen und Controlling in SAP S/4HANA. Da die Studierenden die SAP-Zertifizierung besonders attraktiv bewerten, ist der TS410-Kurs als grundlegender Kurs am beliebtesten.“
RS: „Wir als Universitäten müssen es zukünftig erreichen, dass wir hier auch mit eigenen Konzepten für die Ausbildung das Angebot bereichern. Auch universitäts- und hochschulübergreifende Kooperationen dazu wären wünschenswert. Daher wäre es auch ein Aufruf an die Community, sich hier gemeinsam zu engagieren.“
AB: „Die Technische Hochschule Brandenburg bietet mit dem Programm ERP4Students eine ähnliche Plattform für SAP-Kurse an. Wie unterscheidet sich Ihr Angebot davon?“
MW: „Die SAP-Zertifizierung durch die Teilnahme an den Kursen ist gleich, das Angebot, der Aufbau der Kurse und die didaktischen Konzepte unterscheiden sich aber erheblich. Zunächst ist unser Angebot an keine festen Einschreibungszeiten gebunden, um die Flexibilität für die Studierenden zu erhöhen und auch unterjährige Angebote zu ermöglichen. Wir haben zudem in den vergangenen Jahren viel Aufwand betrieben, um ein auf neurowissenschaftlichen Erkenntnissen basierendes Konzept zu entwickeln. Dieses ermöglicht den Einsatz eines besonderen Multimedia-Mixes. Ich habe mich in meiner Dissertation intensiv mit diversen Konzepten beschäftigt und Experimente angestellt, um für Studierenden ein bestmögliches Lernerlebnis in einem asynchronen E-Learning-Setting bieten zu können. Dabei haben wir die Ergebnisse der neurowissenschaftlichen Ergebnisse ebenso einfließen lassen wie das Feedback der Studierenden. Daher stellen wir unsere Lernunterlagen durch den Einsatz von Animationsvideos, Texten, Bildern und Screencasts unter der Anwendung des Micro-Learning-Prinzips bereit. So werden die doch sehr umfangreichen und zum Teil für die Studierenden sehr komplexen Inhalte effizient vermittelt. Daher weichen die von uns offerierten Kurse erheblich von anderen Angeboten ab. Es kann dann die SAP-Zertifizierung zusätzlich von den Teilnehmern angestrebt werden, allerdings ist dies nicht zwingend. Die Mikrozertifikate wiederum sind ein einzigartiges Angebote für Studierende und werden schon von hunderten von Betriebswirtschafts- und Wirtschaftsinformatik-Studierenden gebucht. Sie verdeutlichen auch, wie wichtig die von Prof. Schütte erwähnte eigene Sicht der Universitäten auf die Einbeziehung von Standardsoftware in die Ausbildung in den Studiengängen ist.“
AB: „Für welche Fachrichtungen und Studiengänge sind die SAP-Zertifizierungskurse besonders relevant?“
MW: „Die SAP-Zertifizierungskurse richten sich nach unserer Erfahrung an Studierende der Fachrichtungen Wirtschaftswissenschaften/BWL, Wirtschaftsinformatik und Informatik. Aber auch Studierende anderer Fachrichtungen sind bei uns herzlich willkommen, so haben auch schon diverse Physiker den Kurs gebucht. Durch die modulare Konzeptionierung unserer Kurse und unsere Anpassungen können Studierende mit unterschiedlichen Wissensständen abgeholt werden.“
AB: „Welche Lehransätze waren Ihnen bei der Entwicklung der Kurse besonders wichtig, um die Lernerfahrung der Studierenden so effektiv und praxisnah wie möglich zu gestalten?“
MW: „Unsere Kurse setzen auf interaktive E-Learning-Formate, wie kurze Lernvideos, Quizze, interaktive Grafiken und Fallstudien, um die Inhalte abwechslungsreich und ansprechend zu gestalten. Diese Formate unterstützen die Aufnahme und Verankerung der Inhalte im Rahmen von Micro Learning.
Der Micro-Learning-Ansatz war zentral für unsere Kursgestaltung. Die Inhalte sind in kleine, gut verdauliche Lerneinheiten unterteilt, die in kurzer Zeit bearbeitet werden können. Das ermöglicht den Studierenden, kontinuierlich und effizient zu lernen, ohne von zu großen Informationsmengen überwältigt zu werden. Jede Einheit ist so gestaltet, dass sie ein spezifisches Thema oder eine Fähigkeit abdeckt. Die Studierenden können diese modularen Einheiten flexibel kombinieren und gezielt jene Inhalte auswählen, die für sie aktuell relevant sind. Weiterhin setzen wir auf das selbstgesteuerte Lernen. Da unsere Kurse asynchron angeboten werden, haben die Studierenden die volle Flexibilität, die Lerninhalte nach ihrem eigenen Zeitplan zu bearbeiten. Das ermöglicht eine Anpassung an individuelle Lebensumstände und fördert eigenverantwortliches Lernen. In den Kursen haben die Studierenden die Möglichkeit, ihren Lernfortschritt selbst zu reflektieren und zu bewerten. Dieser Ansatz stärkt das selbstbestimmte Lernen und hilft ihnen, den Überblick über ihren Fortschritt zu behalten.
Auch im asynchronen Format bleibt praxisorientiertes Lernen unser Kernprinzip. Die Studierenden arbeiten direkt in virtuellen SAP-Umgebungen, in denen sie typische Geschäftsprozesse simulieren und ihre SAP-Kenntnisse anwenden. Durch praxisnahe Übungen können sie ihre Fähigkeiten direkt in einer realistischen Umgebung entwickeln. Durch eigenständiges Arbeiten an Aufgaben und Fallstudien fördern wir die Problemlösungskompetenz der Studierenden. Die Praxisnähe wird durch reale SAP-Szenarien sichergestellt, die direkt in die Module eingebaut sind. Die Kursinhalte sind so gestaltet, dass sie reale Herausforderungen und Geschäftsprozesse widerspiegeln, die in Unternehmen mit SAP auftreten. So wird eine praxisnahe und relevante Lernerfahrung sichergestellt, die den Studierenden den Transfer des Gelernten in die Arbeitswelt erleichtert.
Gamification-Elemente, wie Fortschrittsbalken oder Punkte für abgeschlossene Einheiten, motivieren die Studierenden kontinuierlich zu lernen und Erfolge sichtbar zu machen.“
AB: „Welche Fähigkeiten und Kenntnisse halten Sie für besonders relevant im heutigen Arbeitsmarkt, und wie greifen Ihre Kurse diese gezielt auf, um Studierende bestmöglich darauf vorzubereiten?“
RS: „Die grundlegenden Fähigkeiten wie analytische Fähigkeiten, Problemlösungskompetenz, Abstraktionsvermögen oder sprachliche Fähigkeiten sind weiterhin die Basis für den beruflichen Erfolg, auch wenn es heute keine Studierenden gibt, die nicht ohnehin einen Arbeitsplatz finden. Die Frage ist eher die, welchen Anspruch die Studierenden an sich und an den zukünftigen Arbeitgeber haben.“
MW: „In unseren Kursen von We Learn in Bits haben versuchen wir, die Studierenden optimal auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten. Erstens ist SAP weiterhin einer der führenden Anbieter von Enterprise-Resource-Planning-Systemen. Daher ist es relevant, SAP-Systeme zu verstehen und zu bedienen. Unsere Kurse vermitteln den Studierenden fundiertes Wissen in den wichtigsten SAP-Modulen (z.B. Finanzen, Logistik, Produktion). Zweitens werden neben SAP den Studierenden Kenntnisse über Geschäftsprozesse und digitalen Plattformen nähergebracht, so dass sie umfassende digitale Kompetenzen erwerben, die in vielen Branchen erforderlich sind. Dazu werden auch reale Anwendungsfälle analysiert, in denen die Studierenden komplexe Geschäftsprozesse und Herausforderungen mit SAP-Tools lösen. Die Problemlösungsfähigkeiten werden gefördert. Dabei dienen die asynchrone Struktur unserer Kurse und der Micro-Learning-Ansatz dazu, die Studierenden zu befähigen, eigenverantwortlich und flexibel zu lernen. Diese Fähigkeit zur Selbstorganisation ist für uns von großer Bedeutung. Unsere Kurse schulen die Studierenden im Verständnis komplexer Geschäftsprozesse und deren Optimierung mithilfe von SAP. Dieses Wissen ist besonders wertvoll in Bereichen wie Prozessmanagement, IT-Beratung und Unternehmensführung.“
RS: „Wir kooperieren hier auch mit anderen Lehrstühlen wie dem vom Kollegen Ahlemann, der sich intensiv mit Personal Productivity auseinandersetzt. Wir tauschen uns dazu aus und werden versuchen, diese Erkenntnisse in unsere Kurse mit einzubringen.“
AB: „Da sich die Anforderungen im Arbeitsmarkt ständig weiterentwickeln, wie stellen Sie sicher, dass Ihre Kurse stets auf dem neuesten Stand sind und die aktuellen Bedürfnisse der Branche abdecken?“
RS: „Wir haben viele Innovationen umgesetzt und werden auch in Zukunft immer versuchen, vor der Praxis zu sein. Dabei haben wir einen intensiven Austausch mit Praxispartnern und eine intensive Einführungserfahrung von SAP-Systemen, die wir aber in Zeiten des Cloud Computing neu bewerten. Wir erkennen ganz neue Herausforderungen an die Schulung und widmen uns daher auch dieser Weiterentwicklung.“
B: „Da Ihr Kursangebot als E-Learning-Formate konzipiert sind, wie unterstützen Sie die Studierenden dabei, die gelernten Inhalte selbstständig zu vertiefen? Welche zusätzlichen Hilfestellungen bieten Sie, falls sie auf Schwierigkeiten stoßen?“
MW: „Wir haben in unseren Kursen ein Fortschrittstracking integriert und wenden dazu Gamification-Elemente an, damit die Studierenden motiviert bleiben. Dadurch, dass unsere Lehrinhalte in kleinen „Häppchen“ bereitgestellt werden, wird die Motivation der Studierenden zusätzlich angesprochen. Innerhalb unserer Kurse setzen wir darauf, die Kerninhalte immer wieder in unterschiedlicher Form für die Studierenden zu wiederholen, damit die Inhalte sich langfristig in das Gedächtnis der Studierenden festsetzen. Auch wenn wir auf das asynchrone E-Learning setzen, lassen wir unsere Studierenden nicht allein: Wir bieten einen Online-Tutoren-Support an, an den die Studierenden ihre Anfragen stellen können. Zudem bieten wir einmal wöchentlich – an unserem WLIB-Wednesday – eine Sprechstunde an, zu der die Studierenden sich anmelden können und mit uns über Probleme, Schwierigkeiten und Unklarheiten diskutieren können. Der Kontakt zu einer realen Person hat sich bei unseren Studierenden als wichtig herausgestellt.“
AB „Abschließend: was war das größte Feedback, das Sie von Studierenden zu Ihren Kursen erhalten haben und inwiefern fließt dieses Feedback in die Gestaltung und Weiterentwicklung des Programms ein?“
MW: „Wir haben unsere Lerninhalte anfänglich in Form – rein text- und graphikbasierten – PDF-Dokumenten über unsere Lernplattform bereitgestellt. Das Feedback unserer Studierenden zu den PDF-Dokumenten war, dass dies als demotivierend und die textuellen Klickanleitungen als teilweise verwirrend empfunden wurden. Das haben wir zum Anlass genommen, unsere Kurse grundlegend zu überarbeiten und ein modernes, interaktionsbasiertes didaktisches Konzept zu entwickeln, um die Studierenden in ihrem Lernprozess optimal unterstützen zu können.“
RS: „Nicht zuletzt hat sich Frau Dr. Wienand in ihrer Dissertation damit auseinandergesetzt, aus welchen Bausteinen ein solches Konzept bestehen muss. Dabei ist die Feedback-Schleife der Studierenden im Speziellen und der User im Allgemeinen eine wesentliche Triebfeder für Weiterentwicklung der Schulungsinhalte und deren Vermittlung.“