Sehr geehrte akademische Community in Deutschland, Österreich und der Schweiz,
nach der Vorstellung der DACH Academic Board Arbeitsgruppe “Digitale Transformation und Management” richten wir den Fokus auf die Arbeitsgruppe “Lehrmethoden”, die von Birgit Lankes, Prof. Dr. Cordula Boden und Dr. Tim Neumann geleitet wird. In einem spannenden Interview haben wir die drei ExpertInnen zu ihrer Arbeit, Motivation und ihren Plänen befragt.
Viel Spass beim Lesen und gehen Sie gerne bei Nachfragen direkt auf die drei AnsprechpartnerInnen zu.
André Biener (Director, SAP University Alliances)
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André Biener (AB): “Hallo Birgit, Cordula und Tim. Könnt Ihr Euch bitte kurz vorstellen und erklären, worauf sich Eure Arbeitsgruppe spezialisiert hat?”
Birgit Lankes (BL): “Ich komme von der Hochschule Niederrhein und unsere Arbeitsgruppe, der noch Cordula Boden von der FH Erfurt und Tim Neumann von der WH Zwickau angehören, konzentriert sich auf die Entwicklung von Curricula und Lernmethoden. Wir verfolgen dabei zwei Ansätze: Zum einen prüfen wir u. a. die von den UCCs bereitgestellten Unterlagen auf Qualität und Umsetzbarkeit, geben Feedback und testen diese mit Studierenden. Zum anderen suchen wir nach neuen didaktischen Konzepten, die wissenschaftlich fundiert sind, um sie in unsere Arbeit zu integrieren. Unser Ziel ist es, neue Lernerlebnisse zu schaffen und theoretische Konzepte auf ihre praktische Anwendbarkeit zu prüfen.”
AB: “Eure Arbeitsgruppe beschäftigt sich intensiv mit der Entwicklung von Lehrmethoden. Was motiviert Euch persönlich an diesem Thema, und welche innovativen Ansätze möchtet ihr in Eure Lehre einbringen?”
BL: “Die Motivation ist einfach: Als Lehrende möchten wir neue Möglichkeiten schaffen, die das Lernen erleichtern und gleichzeitig Spaß machen. Wir alle wissen, dass das Lernen leichter fällt, wenn es Freude bereitet – das ist etwas, das wir aus eigener Erfahrung bestätigen können.”
Dr. Tim Neumann (TN): “Grundsätzlich unterstütze ich natürlich den Spaß an der Lehre und an der Wissensvermittlung. Ich würde das jedoch gerne erweitern – uns ist es wichtig Menschen, insbesondere Studierende, weiterzuentwickeln. Dabei ist es entscheidend, die Anforderungen aus der Praxis mit dem zu verknüpfen, was wir den Studierenden vermitteln. Das ist unsere wesentliche Motivation.”
AB: “In den letzten Jahren haben sich Lehrmethoden durch digitale Technologien stark gewandelt. Welche Prioritäten setzt Ihr in Eurer Forschung und Lehre, um diese Transformation zu gestalten?”
BL: “Unser Schwerpunkt liegt auf der Adaption der SAP-Systeme und Methoden, die im Kontext der Wirtschaftsinformatik nutzbar sind. Dies ist eine Herausforderung, da nicht alle Lehr- und Lernmethoden in allen Systemumgebungen funktionieren, weshalb wir besonders geeignete Konzepte suchen und umsetzen.”
TN: “Die grundlegenden Konzepte des Lehrens ändern sich nicht extrem, gerade in praxisorientierten Bereichen wie der SAP-Ausbildung. Dennoch stehen wir vor der Herausforderung, digitale Lehrmethoden wie asynchrones Lernen effektiv zu gestalten. Es geht darum, Selbststudium so zu ermöglichen, dass Studierende sich bspw. nicht nur passiv durch Videos klicken, sondern aktiv eingebunden werden. Hierfür ist die Auswahl der richtigen Werkzeuge und deren Schwierigkeit entscheidend.”
AB: “Nachhaltigkeit und ethische Aspekte gewinnen auch im Bildungsbereich zunehmend an Bedeutung. Wie integriert ihr diese Elemente in Euren Lehrmethoden?”
BL: “Nachhaltigkeit und ethische Aspekte sind immer Teil unserer Arbeit. Wir diskutieren diese Themen mit den Studierenden und arbeiten eng mit der Community sowie den UCCs zusammen, wie beispielsweise mit Stefan Weidner, der ein Nachhaltigkeitscurriculum entwickelt hat. Das Engagement der Community in diesem Bereich ist breit und unterstützt uns dabei, diese Aspekte voranzutreiben.”
TN: “Nachhaltigkeit verstehe ich in erster Linie als nachhaltige Wissensvermittlung. Das Wissen soll langfristig wirken. Im Kontext von Unternehmen spielen Projekte wie die Nachhaltigkeitsfallstudie von Stephan Weidner, die von Birgit erwähnt wurde, eine wichtige Rolle, um Standardlehrinhalte sinnvoll zu erweitern.”
AB: “Könnt Ihr Projekten oder Initiativen nennen, die Ihr erfolgreich an Euren Einrichtungen durchgeführt habt und die innovative Lehrmethoden nutzen?”
BL: “Ja, an unserer Hochschule haben wir bestehende Curricula im SAP S/4HANA-Bereich mit Podcasts unterstützt. Das Feedback der Studierenden war positiv, und wir planen, das Projekt auf der nächsten Academic-Konferenz in Berlin vorzustellen.”
Prof. Dr. Cordula Boden (CB): “Im Bachelor arbeiten wir eng mit den Fallstudien der UCCs, bei Problemen oder in den Herausforderungen versuchen wir aber gleichzeitig, Wege zu Problemlösungen aufzuzeigen, damit die Studierenden sich auch von den detaillierten Beschreibungen lösen und eigenständig Korrekturen und Buchungen durchführen können. D.h. wir geben Ihnen Tips, zeigen aber nicht den genauen Lösungsweg.
Im Master sollen sie sich noch weiter von fertigen Vorlagen lösen. Sie müssen eigene Geschäftsprozesse für die GBI definieren und prototypisch umsetzen und dokumentieren.”
TN: “Wir führen Weiterbildungsprogramme für Unternehmen durch und setzen reale SAP-Projekte mit Unternehmen um. Dabei geht es nicht nur um Lehren, sondern auch um praktisches Prozesswissen.”
AB: ‘’Was sind die größten Herausforderungen bei der Umsetzung neuer Lehrmethoden und wie geht ihr mit Hindernissen um?’’
BL: “Die größte Herausforderung besteht in den verschiedenen Gruppengrößen. Wir haben sowohl kleine Gruppen mit etwa 10 Studierenden als auch große Gruppen mit bis zu 100 Studierenden. Hier nutzen wir eine Kombination aus Offline- und Online-Angeboten sowie Gruppenarbeiten. Wichtig ist, dass wir aus unseren Fehlern lernen und das Beste daraus machen.”
CB: “Im Master starten die Studierenden mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen bezüglich SAP, dies gilt es auszugleichen, so dass alle teilnehmen können und trotzdem jeder gefordert wird.”
TN: “Die Vielzahl der verfügbaren Werkzeuge ist eine Herausforderung. Es erfordert ein Trial-and-Error-Verfahren, um passende Technologien zu identifizieren. Man, muss auch bereit sein, gescheiterte Ansätze zu verwerfen und zurück zu den bewährten Methoden zu gehen.”
AB: “Wie fördert Ihr Interaktivität und aktive Teilnahme der Studierenden in Euren Kursen, und welche Methoden haben sich dabei als besonders effektiv erwiesen?”
BL: “In meinen Kursen arbeite ich gerne mit Gruppenarbeiten, um den Austausch zu fördern. Es ist wichtig, dass Studierende Fragen stellen und interaktive Tools nutzen. Zum Beispiel stellen wir in Podcasts Aufgaben, die die Studierenden über interaktive Tools wie z.B. Tweedback bearbeiten. Die unmittelbar verfügbaren (anonymen) Antworten werden dann in den Kursen besprochen und analysiert.”
CB: “Bei uns haben sich Gruppenarbeiten in Zweier- oder Dreier Teams gut bewährt.”
TN: “Diskussionsrunden, Gruppenarbeiten und ein offener Austausch sind besonders effektiv. Im Präsenzunterricht gelingt dies deutlich besser als online. Jedoch hängt die Motivation der Studierenden auch von der Tageszeit und der Dauer der Lehrveranstaltung ab, was man bei der Kursgestaltung berücksichtigen sollte.”
AB: “Welche Rolle spielen Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen in Euren Lehrmethoden?”
BL: “Bisher haben KI und maschinelles Lernen eine untergeordnete Rolle gespielt. Ich habe mich mit RPA im Rahmen der BTP beschäftigt und motiviere meine Kolleginnen und Kollegen, es einzusetzen. Wir hoffen, dass wir zukünftig mehr KI-Ansätze in unsere Programme integrieren können.”
CB: “Im SAP Unterricht setze ich bisher keine KI ein.”
TN: “KI verändert, wie wir Wissen vermitteln und prüfen. Der Fokus wird sich mehr auf individuelles Coaching und Betreuung verlagern. Zudem können wir KI aktiv in der SAP-Ausbildung einsetzen, z. B. bei der Generierung von Stellenanzeigen im Personalwesen, um praktische Anwendungen aufzuzeigen.”
AB: “Habt Ihr bereits Pläne für zukünftige Projekte innerhalb Eurer Arbeitsgruppe?”
BL: “Ja, unsere Daueraufgabe ist die Qualitätssicherung und die Integration neuer Methoden. Neue Impulse kommen oft aus Konferenzen oder durch den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus der Community. Ein Beispiel war ein Modul, das wir mit finnischen Partnern durchgeführt haben – eine Herausforderung wegen der unterschiedlichen Semesterzeiten, die wir aber gemeistert haben.”
TN: “Das Thema Integration wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen, insbesondere durch kleinere Fallstudien. Darüber hinaus sind Themen wie Prozessautomatisierung und Prozess-Mining zentrale Aspekte, die wir zukünftig angehen wollen.”
AB: “Wie können sich KollegInnen aus der DACH-Region in Eure Arbeitsgruppe einbringen, und was plant ihr an Formaten?”
TN: “Man kann sich ganz einfach einbringen, indem man uns über verschiedene Kanäle anspricht oder anschreibt – sei es über LinkedIn, per E-Mail oder persönlich auf Konferenzen wie der Academic Community Konferenz, die nächstes Jahr in Berlin stattfindet.
Im Laufe des Jahres werden wir außerdem verschiedene Breakout-Sessions anbieten, die wir über die LinkedIn-Community bekannt geben. Über diese Sessions kann man uns ebenfalls kontaktieren und an unseren Themen teilhaben.”
BL: “Unser Ziel ist es, die Community und die Nutzung der Materialien der UCCs weiter voranzutreiben und Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen. Jeder kann sich bei uns melden, sei es über unsere Sprecher Hans und Uta oder direkt bei Cordula, Tim oder mir.”
CB: “Ja, gerne bei uns melden, wer sich einbringen will.”